Coronavirus in Italien: Leben im Sperrgebiet / Tag 24 von 24

Ich habe an Tag 18 schon einmal einen ähnlichen Bericht gepostet, wegen viel Stimmungsmache in den sozialen Medien. Doch jetzt ist es auch bei mir angekommen – leider. Aber vorweg: Es geht nicht darum, dass hier jemand etwas gegen Deutsche geschrieben hat (es passiert auch Italienern im Ausland, dass sie angegriffen werden). Personen, die so etwas schreiben, sind Idioten – ganz gleich, zu welcher Nation sie gehören. Denn die Nation sagt rein gar nichts darüber aus. Idioten gibt es leider überall. In jedem Land.

Die WhatsApp-Gruppe der Eltern

Wenn man sein Kind in einem internationalen Kindergarten anmeldet, dann sollte man eigentlich davon ausgehen, dass dort besonders viele Personen sind, die sich aufgeschlossen zeigen und die ein Zeichen gegen jede Form von Fremdenhass setzen. Mehr als ein Jahr lang ist das gut gegangen. Dann kam Corona. Die Kindergartengebühr war weiter zu entrichten, die Eltern sprachen mehr denn je davon, dass man GEMEINSAM viel mehr erreichen könne.

Und dann das: Ein Vater (der sich übrigens nie in dieser Gruppe äußert, sofern es nicht darum geht, die Beteiligung an Geschenken für die Erzieher zu bestätigen) postet in diese Gruppe aus dem Nichts einen Aufruf, Deutschland zu massakrieren, den Deutschen und der Merkel den Ar*** aufzureißen – und das nicht, ohne die Deutschen auch noch abwertend zu bezeichnen. Auf die weiteren Details dieses langen (weitergeleiteten) Posts verzichte ich. Was mich fast noch mehr getroffen hat (immerhin wusste er, dass in dieser Elterngruppe genau eine Deutsche ist – ich) war die absolute Stille der anderen Eltern. Nur eine Mutter hat mich privat angeschrieben und den “Signore” öffentlich aufgefordert, sich doch bitte zu entschuldigen und ihn gefragt, ob er seine Zeit in Quarantäne (immerhin ist hier generelle Ausgangssperre) nicht besser verbringen könne als mit dem Weiterleiten dummer Kettenbriefe. Die anderen Eltern – weiter still. Erst daraufhin und zwei Stunden später schrieb er mit einem knappen “scusa”, dass er sich verklickt habe und das eigentlich als “Spaß” für einen deutschen Agenten gedacht gewesen sei.

Idiotie kennt keine Landesgrenzen

Das passiert aber nicht nur mir als Deutsche in Italien (besagter Vater ist übrigens auch mit einer Ausländerin verheiratet, arbeitet in einer internationalen Firma und hat zudem ein ausländisches Kindermädchen), sondern auch Italienern in Deutschland, die dort als potenzielle Träger des Virus bezeichnet werden. An der Stelle sprechen wir mal gar nicht von den Österreichern mit ihren Skigebieten, die sicher auch einiges ertragen müssen. Es geht aber nicht darum, welche Staatsangehörigkeit der Urheber solcher Posts hat, die übrigens oft auch noch als “intelligent” bezeichnet werden. Es ist allein IDIOTIE – und die kennt keine Landesgrenzen.

Mich persönlich trifft es momentan dennoch sehr – zumal am gleichen Tag eine andere Mutter (deren Kind nicht mehr in diesem Kindergarten ist) nur kurze Zeit später einen ähnlichen Post auf ihrer gut gelesenen Food-Blogger-Seite postet. Man solle italienische Produkte und die lokale Wirtschaft unterstützen (von der Unterstützung der lokalen Wirtschaft bin ich grundsätzlich ein Fan!), ABER definitiv keine Produkte der “crucchi” kaufen. Vermutlich brauche ich gar nicht erst erwähnen, dass der Post vielfach geliked wurde, es dann aber (glücklicherweise) auch so viele kritische Stimmen gab, dass sie den Post dann wenigstens wieder gelöscht hat. Diese Entwicklungen machen mir Angst. Ist das Coronavirus nicht schon schlimm genug? Müssen wir uns auch noch gegenseitig bekriegen?

Der Chef des italienischen Zivilschutzes, Angelo Borrelli, dankt übrigens jeden Abend gleich zu Beginn der Pressekonferenz den Deutschen, die täglich Corona-Patienten ausfliegen, um das italienische Gesundheitssystem zumindest etwas zu entlassen und Patienten in kritischem Zustand in Deutschland zu helfen. Ich will nicht ausschließen, dass jedes Land und jeder Einzelne vielleicht sogar mehr helfen könnte. Das Hilfe (und sei es aus bürokratischen Gründen) nicht schnell genug anläuft und dass sich viele allein gelassen fühlen (auch weil man nicht weiß, welche weitreichenden und hilfreichen Entscheidungen vielleicht gerade im Hintergrund getroffen werden.) Und es darf auch jeder seine Meinung äußern, sofern es denn nicht zu rassistischen Hasstiraden verkommt.

Ich liebe Italien, ich habe einen Italiener geheiratet. Es gibt hier wahnsinnig viele tolle Menschen – aber eben auch Idioten dazwischen. So wie überall. Lasst uns versuchen, denen keine Stimme zu geben und stehen wir für andere ein, die angegriffen werden. Ganz gleich, wo das geschieht und welche Nation sie haben. Wir können das alles nur GEMEINSAM schaffen!

Habt Ihr Bedenken, dass es wegen des Coronavirus mehr Fremdenhass geben wird?

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Tag 24 von 24: Unser Tag zu Hause

Sonnenschein – und die Stimmung ist gleich etwas besser. Die Straßen sind seit gestern Nacht desinfiziert (ob es was bringt, ist umstritten). Die Badezimmerteppiche sind gewaschen (bei Sonne trocknen sie so schön schnell), wir haben einiges im Kühlschrank (und müssen diese Woche nicht mehr einkaufen) und ich habe Hoffnung, dass die Zahl der Erkrankungen allmählich rückläufig ist.

Schnell gemachtes Bällebad für Playmobil-Figuren. (Foto: Nadine Jansen)

Abgesehen davon, dass wir auch heute wieder viel die Nachrichten verfolgt haben, haben wir auch das hier getan:

  • Unsere Playmobil-Figuren haben nun ein ganz schnell gezaubertes Bällebad. Das Karussell stammt hingegen aus diesem Set (Amazon-Link).
  • Wir haben Herzen gestanzt und schauen mal, was wir daraus in den kommenden Tagen basteln.
  • Mein Schreibtisch sieht schon wieder chaotisch aus (also irgendwie…)
  • Wir haben ein paar Blätter aus einem Vorschulheft abgearbeitet.
  • Das Bananen-Nuss-Brot, das ziemlich nach Kuchen schmeckt, ist fast weg… (ich mag nach dieser Zeit der Ausgangssperre gar nicht auf die Waage).
  • Ich überlege noch, wie es mit dieser Seite/Rubrik weitergeht. Eigentlich sind die 24 Tage ja jetzt rum…. (wenn nicht die Ausgangssperre bis zum 13. April 2020 verlängert worden wäre…)

 

Ihr könnt diese Seite natürlich auch ganz einfach teilen, falls Ihr Freunde oder Bekannte habt, die sich für die Situation in Italien interessieren. Passt auf Euch auf! <3

Gepostet von Coronavirus in Italien am Samstag, 14. März 2020

2. April 2020: Die Zahlen des Tages

Diese Zahlen gab der Zivilschutz am heutigen Abend bekannt:

  • 760 Tote (13.915 Tote insgesamt in Italien, 33 Tote mehr  als gestern).
  • 4668 neue Coronafälle (mehr als 100 Fälle weniger als gestern, jetzt insgesamt 115.242 Infektionen)
  • 16.847 Personen gelten als geheilt (das sind 1431 Personen mehr als gestern)
  • 83.049 Personen sind aktuell erkrankt (es sind also noch einmal ca. 3000 Patienten dazu gekommen / 4053 Personen befinden sich in einem kritischem Zustand)

Situation bei uns in den Marken

In den vergangenen 24 Stunden sind in den Marken 136 weitere Personen positiv getestet worden. Das ist nur eine Person weniger als gestern, bei jedoch 647 statt 572 getätigten Corona-Tests.

Bislang wurden 4098 Personen in den Marken positiv getestet (davon sind 503 Personen im Alter zwischen 27 und 97 Jahren verstorben, 40 Personen gelten in den Marken als genesen. Übrigens wurde die erste Person in den Marken am 25. Februar 2020 positiv getestet. Das zeigt auch ganz gut, wie sehr sich die Realität hier im Zeitraum nur eines Monates verändert hat.

Umgerechnet auf die Gesamtbevölkerungszahl in den Marken von 1.525.271 Personen beträgt das Ansteckungsrisiko derzeit 1: 371. Da in Italien davon ausgegangen wird, dass die Dunkelziffer der positiven Personen in etwa zehnmal so hoch ist, ist auch das Ansteckungsrisiko um ein Vielfaches höher als hier angegeben.

Aktuell sind 1150 Personen in den Marken wegen des Coronavirus in den Krankenhäusern untergebracht. 164 liegen auf den Intensivstationen, 305 weitere auf der Intensivzwischenpflege.

 

ali
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Was bisher geschah:  

Leben im Sperrgebiet / Tag 1 von 24 (Italien ist jetzt Sperrgebiet)
Leben im Sperrgebiet: Tag 2 von 24 (Und wenn es Euer Opa wäre?)
Leben im Sperrgebiet / Tag 3 von 24 (Große Ansteckungsgefahr oder nicht?)
Leben im Sperrgebiet / Tag 4 von 24 (drohende Versorgungsengpässe, Sonderfall “medizinisches Personal”)
Leben im Sperrgebiet / Tag 5 von 24 (Was man aus der Corona-Geschichte Italiens lernen kann…)
Leben im Sperrgebiet / Tag 6 von 24 (Abläufe und Sicherheit im Supermarkt)
Leben im Sperrgebiet / Tag 7 von 24 (Quarantäne, Betroffene in den Marken, Selbstschutz)
Leben im Sperrgebiet / Tag 8 von 24 (Existenzängste und Einbruch des Tourismus)
Leben im Sperrgebiet / Tag 9 von 24 (Wie funktioniert das jetzt eigentlich mit der Post?)
Leben im Sperrgebiet / Tag 10 von 24 (Todesursachen und Symptome)
Leben im Sperrgebiet / Tag 11 von 24 (Ansteckungsrisiko und Dunkelziffer)
Leben im Sperrgebiet / Tag 12 von 24 (Zahlen des Zivilschutzes: Warum ist die genaue Benennung der Todeszahlen so wichtig?)
Leben im Sperrgebiet / Tag 13 von 24 (Welche Firmen müssen schließen?)
Leben im Sperrgebiet / Tag 14 von 24 (Hilfe aus aller Welt)
Leben im Sperrgebiet / Tag 15 von 24 (Situation in Krankenhäusern / Patienten in kritischem Zustand)
Leben im Sperrgebiet / Tag 16 von 24 (Droht bei Lebensmitteln ein Versorgungsengpass?)
Leben im Sperrgebiet / Tag 17 von 24 (Leben im Wandel / Situation in Ancona)
Leben im Sperrgebiet / Tag 18 von 24 (Coronavirus als Ursache von Fremdenhass?)
Leben im Sperrgebiet / Tag 19 von 24 (Was ändert sich für Schulen und Kindergärten?)
Leben im Sperrgebiet / Tag 20 von 24 (Heute und vor einem Monat…)
Leben im Sperrgebiet / Tag 21 von 24 (Veränderungen in der Nachbarschaft)
Leben im Sperrgebiet / Tag 22 von 24 (Keine Panikmache durch nüchterne Zahlen?)
Leben im Sperrgebiet / Tag 24 von 24 (Kurzarbeit und Auftragseinbrüche)
Vorsichtsmaßnahmen im Supermarkt

Die Berichte rund um Corona veröffentlichen wir vorrangig in unserer Rubrik Blick ins Ausland. Dort könnt Ihr auch einen Beitrag über die Situation in Belgien lesen. Ihr wollt über Corona derzeit nichts hören oder aber braucht Ablenkung, weil Ihr in Quarantäne sitzt? Dann stöbert doch einmal in unserer Rubrik Spielzeug & Bücher.

Nadine
Über Nadine 313 Artikel
Nadine - Freie Journalistin, Redakteurin sowie Geprüfte Übersetzerin für Italienisch - und Mama einer zweijährigen Kitamaus, die das Leben ganz schön spannend macht.

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