[Kitamaus-Interview] Mareike, wie läuft das eigentlich mit dem Kindergarten in Belgien?

Kitamaus-Autorin Mareike lebt mit ihrem Mann und Sohn Benedict in Antwerpen. (Foto: Steven Art)

Einige von Euch haben hier schon ein paar Texte von Mareike entdeckt. Mareike ist Redakteurin, Mutter des zweijährigen Benedict und lebt mit Sohn, Mann und drei Katern im belgischen Antwerpen. Damit Ihr sie besser kennenlernt, Ihr aber auch etwas darüber entfernt, wie das mit einem Kindergarten in Belgien läuft, habe ich sie mal für Euch interviewt. Viel Spaß! Und herzlich willkommen, Mareike!


Aktion

Mareike aus Belgien im Interview

Mareike, wenn Du an Dich vor zehn Jahren zurückdenkst: Was war da Dein Plan?

“Damals wollte ich als Redakteurin in München arbeiten. Vor genau zehn Jahren habe ich als Volontärin für ein Fachmagazin für die Recycling- und Entsorgungsbranche angefangen.”

Was ist aus diesem Plan geworden?

“Redakteurin bin ich geworden, aber nicht in München geblieben. Es ist eine tolle Stadt, aber mich hat das Fernweh gepackt: Mich hat es in die Niederlande gezogen. Ein halbes Jahr vor dem Umzug habe ich aber meinen heutigen Mann kennengelernt, einen Belgier. Ich bin in der Zeit in den Niederlanden zwischen Rotterdam und Antwerpen hin- und hergependelt. Wir haben aber den Knoten relativ rasch durchgehackt und gesagt: Komm, wir ziehen zusammen. So bin ich in Antwerpen gelandet.

Seitdem arbeite ich als freie Redakteurin. Vor der Geburt unseres Sohnes habe ich zudem als Korrektor für ein belgisches Übersetzungsbüro gearbeitet. Benedict ist vor zweieinhalb Jahren geboren. Damit ist unsere Patchworkfamilie komplett. Mein Mann hat noch einen Sohn aus seiner ersten Ehe. Michiel ist mittlerweile 15 Jahre alt und unheimlich froh, dass er einen kleinen Bruder hat. Seiner Ansicht nach hätten wir uns nur nicht so viel Zeit damit lassen sollen.”

Dein Sohn wird zweisprachig erzogen. Wie genau macht Ihr das? Worauf achtest Du?

Mein Mann spricht ausschließlich Niederländisch mit Benedict, ich spreche ausschließlich Deutsch mit ihm. Ich lese ihm auch ausschließlich nur Geschichten auf Deutsch vor – das Vorlesen auf Niederländisch überlasse ich meinem Mann und seiner Seite der Familie. Benedict kann gut zwischen den beiden Sprachen switchen. Manchmal sitzen wir zu dritt über einem Suchbuch und fragen Benedict abwechselnd auf Deutsch und auf Niederländisch Sachen wie: Wo ist der Bagger? Siehst Du ein Krokodil? Egal, in welcher Sprache – er zeigt auf die gefragten Dinge.”

Wie schaffst Du es, Deinen Beruf und die Familie miteinander zu vereinbaren?

“Für belgische Verhältnisse haben wir Benedict erst relativ spät in die Krippe gegeben. Normalerweise kommen Babys bereits mit zwei, drei Monaten in die Krippe – wenn der Mutterschutz ausgelaufen ist und beide Eltern berufstätig sind. Glücklicherweise konnten wir es uns finanziell erlauben, dass ich die erste Zeit nur auf Sparflamme gearbeitet habe, nämlich dann, wenn der Kleine geschlafen hat.

Mit knapp einem Jahr habe ich ihn an zwei Tagen in der Woche in die Krippe gegeben. Das sind seitdem meine festen Arbeitstage. Mittlerweile geht er an allen Wochentagen in die Krippe. An den meisten Tagen aber nur für ein paar Stunden. Somit kann ich wieder jeden Tag als Journalistin arbeiten, wenn auch nur weiterhin an zwei Wochentagen quasi in Vollzeit. Den Rest der Zeit bin ich Mama in Vollzeit und froh, dass ich das sein kann.

Im November kommt Benedict zur Vorschule. Das wird auch arbeitsmäßig für mich eine Umstellung sein, da die Schule um 8:45 Uhr anfängt und um 15:30 Uhr aufhört. Am Mittwochnachmittag haben alle belgischen (Vor-)Schüler frei. Der Mittwoch zählt eigentlich zu meinen festen Arbeitstagen, das wird nun nicht mehr gehen. Dankenswerterweise zeigen alle meine „Chefs“ großes Verständnis. Wir werden zusammen überlegen, wie ich meine Arbeit auf die Woche verteilen kann.

Richtig viel Zeit, um als Familie etwas zu unternehmen, haben wir an den Wochenenden. Jedes zweite Wochenende ist auch Benedicts großer Bruder bei uns. Mitunter ist es zwar etwas schwierig, ein Kleinkind und einen Teenager unterhaltungsmäßig unter einen Hut zu bekommen, aber dann splitten wir uns halt mal auf: Während einer von uns etwas mit dem Großen unternimmt, geht der andere mit dem Kleinen beispielsweise auf den Spielplatz.”

Wie genau funktioniert das mit der Kinderbetreuung im Bereich U6 in Belgien?

“Für Kinder bis zum Alter von zweieinhalb Jahren gibt es in Belgien zwei Möglichkeiten: die Krippe oder eine Tagesmutter. Mit zweieinhalb Jahren kommen die Kinder in das sogenannte „Instapklasje“. Das ist eine Art „Einstiegsklasse“ in die Vorschule. Das ist nicht verpflichtend, aber wenn man sein Kind zu dem Zeitpunkt nicht an einer Vorschule untergebracht hat, wird es sehr schwierig, noch einen Platz an einer Wunsch-Vorschule zu ergattern. Wenn man sein Kind nicht in ein „Instapklasje“ gibt, muss man zudem selbst eine Betreuungsalternative finden. Die Krippe fällt weg, da hier nur Kinder bis zweieinhalb aufgenommen werden.

Mit drei Jahren rutscht das Kind vom Instapklasje automatisch in die erste Klasse der Vorschule. Für die Vorschule gibt es keine Schulpflicht in Belgien. Aber die Überlegungen gehen dahin, die Schulpflicht auch auf die Vorschule auszudehnen, da sehr viele Kinder mit Migrationshintergrund sprachliche Probleme in der Grundschule zu haben scheinen.”

Wie einfach/schwierig war es, für Dein Kind einen Betreuungsplatz zu finden? Worauf habt Ihr dabei geachtet?

“Einen Krippenplatz zu finden, war sehr einfach. Verglichen mit der Suche nach einer Vorschule. Wir hatten sechs Wunsch-Vorschulen angegeben. Bei allen ist unser Sohn auf der Warteliste gelandet. Im Endeffekt hat sich das aber als Glücksfall erwiesen, denn so sind wir auf eine Vorschule ganz in unserer Nähe gestoßen, die wir gar nicht auf dem Schirm hatten. Diese gefällt uns sogar noch besser als einige unserer ursprünglichen Wunsch-Vorschulen.

Wichtig war für uns außer der Nähe noch, dass die Vorschule an einer guten und angesehenen Grundschule angegliedert ist. Somit haben wir nämlich einen Platz an der Grundschule sicher. Die Unterrichtsmethode war uns zunächst egal. Auf unserer Wunschliste standen neben „normalen“ staatlichen Schulen eine Freinet-Schule und eine katholische Schule. Allesamt bieten diese Schulen einen qualitätsvollen Unterricht und legen auch großen Wert auf die persönliche Entwicklung des Kindes.

An allen Vorschulen wird zudem großer Wert auf die sprachliche Entwicklung der Kinder gelegt. Das war für mich besonders wichtig, da Benedict bislang mehr mit der deutschen denn mit der niederländischen Sprache aufgewachsen ist; einfach aus dem Grunde, weil ich mehr Zeit als alle anderen mit ihm verbringen kann.”

Hast Du genügend Zeit für Dich und Deine Familie? Würdest Du Dir manchmal mehr Unterstützung wünschen?

“Manchmal würde ich mir mehr Zeit für mich selber wünschen. Kind, Haushalt und meine eigentliche Arbeit als Journalistin halten mich ganz schön auf Trab. Da ich eine Auszeit nur am Wochenende nehmen kann, bin ich in dem Sinne eingeschränkt, dass jedes zweite Wochenende mit meinem Bonuskind quasi belegt ist. Von Michiel will ich schließlich ja auch etwas haben.

Schön wäre es, wenn eine von Benedicts Großmüttern in der Nähe wohnen würde. Das wäre nicht nur für den Kleinen toll, weil er seine Omas dann öfter sehen könnte. Das wäre vor allem auch an den Tagen hilfreich, an denen Benedict krank ist und nicht zur Krippe gehen kann. Denn das bedeutet, dass ich dann nicht arbeiten kann. Das habe ich mir aber auch an Tagen gewünscht, an denen ich selbst krank war. Beide Omas bieten zwar immer wieder an, im Notfall zu kommen, um Benedict zu betreuen. Aber eine Oma wohnt an der See in Belgien, die andere in Norddeutschland. Beides ist zu weit entfernt, um mal schnell vorbeikommen zu können.”

Du hast bereits einige Artikel für die “Kitamaus” geschrieben. Hast Du dort eine Lieblingsrubrik?

“Da ich als Journalistin seit Jahren fast ausschließlich Fachartikel zu Recycling- und Entsorgungsthemen schreibe, hat es mich gereizt, mal ganz andere Themen anzupacken. Und auf ganz andere Art und Weise schreiben zu können. Das ist für mich eine schöne und willkommene Fingerübung. Eine Lieblingsrubrik habe ich eigentlich nicht. Ich zappe mehr oder weniger durch alle Rubriken und bleibe so bei Artikeln und Themen hängen, die ich interessant finde. Aktuell gefällt mir der Artikel „Mein Kind ist größer als Deins, na und? ” besonders gut. Das Thema ist gerade bei mir persönlich aktuell.”

Lieblings-Freizeitbeschäftigung für Euch als ganze Familie? Was macht Ihr gerne zusammen?

“Im Meer schwimmen. Falls kein Meer in der Nähe ist, schwimmen wir aber gern auch im Freibad. Benedict ist wie der Rest unserer Familie eine echte Wasserratte.”


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Stell Dir vor, draußen regnet es in Strömen. Wie kannst Du Deinen Sohn am besten bei Laune halten?

“Das ist nicht schwierig. Er liebt es, wenn man ihn durchs ganze Haus jagt und versucht, ihm seinen Ball abspenstig zu machen. Wenn wir schließlich k.o. sind, baue ich ihm eine Murmelbahn oder die Spielzeugeisenbahn auf. Damit kann er sich stundenlang beschäftigen. Oder aber wir schmökern in Vorlese- und Such- und Wimmelbüchern.”

Ein Kinderbuch, das Du anderen Eltern empfehlen würdest?

„Der kleine Fuchs hört einen Mucks“ von Tanja Jacobs und Anne-Kristin zur Brügge und „Mein großes Teddy-Buch“ von Richard Eder.

Und vielleicht ein Buch für Erwachsene, das Dir besonders gut gefallen hat?

„The Book Thief“ von Markus Zusak.

Doch jetzt noch einmal zu Dir: Gibt es einen Wunsch, den Du für Dich und Deine Familie für die Zukunft hast?

“Für die Zukunft wünsche ich uns so viel Liebe, wie wir geben und kriegen können, so viel Gesundheit wie es geht und so viel Glück wie nur möglich.”

Vielen Dank, Mareike! Und ganz viel Spaß hier bei der “Kitamaus”!

Ihr möchtet mir oder Mareike schreiben? Dann schickt doch einfach eine Mail an info@kitamaus.de. Wir freuen uns!

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Nadine
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Nadine - Freie Journalistin, Redakteurin sowie Geprüfte Übersetzerin für Italienisch - und Mama einer zweijährigen Kitamaus, die das Leben ganz schön spannend macht.

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