Kindergeburtstag in Deutschland: Topfschlagen, Sackhüpfen, das Bemalen der Papiertischdecke, Kuchen mit Smarties, kalter Hund und später Heißwürstchen mit Pommes. Nett, überschaubar, ein paar gute Freunde. In Italien: extrem übertrieben – zumindest für Deutsche. Und das sieht man gleich an mehreren Faktoren:
Kindergeburtstag Deutschland vs. Italien
Die Gäste
??: Kennt Ihr diese Regelung? Drei Kerzen auf der Torte gleich drei Gäste, vier Kerzen auf der Torte gleich vier Gäste. Einige Eltern handhaben es genau so. Sie machen die Zahl der eingeladenen Gäste vom Lebensalter abhängig. Wieder andere überlegen sich vorher, wie viele Kinder sie wohl gut und gleichzeitig beaufsichtigen könnten. Das sind beim Besuch eines Schwimmbades eher weniger Kinder, bei einer Gartenparty teils auch ein paar mehr. Überschaubar soll es bleiben. Zumal die Beaufsichtigung meist an den Eltern des Geburtstagskindes hängen bleibt. Die anderen Eltern geben ihre Kinder für ein paar Stunden ab. Das war schon früher so.
??: Insbesondere der erste Geburtstag wird in Italien gerne groß gefeiert. Dazu werden Verwandte, Nachbarn, Freunde und Kollegen eingeladen. Mit der gesamten Familie. Wir waren auf einem 1. Geburtstag mit knapp 70 Gästen. Darunter nur wenige Kinder. Der zweite und der dritte Geburtstag finden meist im kleineren Kreis statt – vor allem dann, wenn das Kind noch keine Kinderkrippe besucht. Ab dem Eintritt in den Kindergarten wird die Gästeschar dann oft unüberschaubar. In vielen Gegenden ist es üblich, sämtliche Kinder aus einer Kindergartengruppe einzuladen. Es versteht sich in Italien von selbst, dass die Einladung auch für Geschwisterkinder und Eltern gilt. Überhaupt ist es absolut unüblich, einen Kindergeburtstag nur mit Kindern zu feiern. Hinzu kommen Verwandte und Freunde der Familie. Übrigens kommt es nicht selten vor, dass gerade im Kindergarten nicht klar kommuniziert wird, wer alles am Fest teilnehmen wird. Wie viele Gäste letztendlich auftauchen, bleibt eine Überraschung. Definitiv aber werden es viele sein. Sehr viele.
Die Location
??: Das eigene Wohnzimmer, bei schönem Wetter der eigene Garten. Das sind die Klassiker in Deutschland. Gefeiert wird dort, wo das Geburtstagskind zu Hause ist. Gerne weicht man auch einmal auf ein Schwimmbad aus oder lässt das Geburtstagskind bei McDonald’s feiern. Vor einigen Jahren gehörte für etwas ältere Kinder etwa auch der Besuch einer Kegelbahn zu den Highlights.
??: Der Wohnraum in Italien ist teuer und oft sehr beengt. Und bei der Vielzahl der geladenen Gäste auch absolut ungeeignet. Eltern sind daher gezwungen, auf einen anderen Ort auszuweichen. Es gibt ein regelrechtes Business rund um Locations. Beliebt sind momentan das Anmieten eines Saals in Kinderspielparadiesen mit Hüpfburgen oder aber auch das Anmieten ganzer Einrichtungen, die sich auf Kindergeburtstage spezialisiert haben. Meist handelt es sich dabei um bereits fertig dekorierte Orte mit bereits aufgebauten Tischen für das Büffet und jeder Menge Kinderspielzeug wie einem Bällebad, Spielhäusern oder auch kleineren Hüpfkissen. Eine Küche zum Kaltstellen der Torte gehört natürlich mit dazu. Sogar die Kirchengemeinden verdienen sich mit Kindergeburtstagen etwas dazu. Auch sie haben Räumlichkeiten, die für das gemeinsame Feiern angemietet werden können. Der Preis liegt zwar selbst hier bei meist mindestens 50 Euro, ist aber noch günstiger als der Preis anderer Locations.
Die Torte
??: Auch in Deutschland wird die Geburtstagstorte immer wichtiger. Dennoch versuchen sich viele Mütter selbst daran oder bitten Freunde um Hilfe. Die Torte ist und bleibt der Hingucker. Allerdings weitaus weniger wichtig als das Geburtstagskind selbst. Doch auch wenn auf Kindergeburtstagen immer mehr perfekt dekorierte Kunstwerke auftauchen: Dem kalten Hund, einer Auswahl an Amerikanern und Berlinern oder auch dem mit Smarties dekorierten Geburtstagskuchen haben sie den Rang noch nicht abgelaufen.
??: In Italien gibt es indes zwei Probleme. Das eine: Die Torte ist nicht nur ein Hingucker, sondern auch – neben dem Geburtstagskind – der Mittelpunkt einer solchen Feier. Die Torte läutet – ähnlich wie bei einer Hochzeitsfeier – das Ende des Festes ein. Und sie wird fotografiert. Vielfach. Auf einem italienischen Kindergeburtstag ist es üblich, die Gäste gemeinsam mit dem Geburtstagskind und der Torte zu fotografieren. Nicht alle zusammen, sondern pro Familie oder Gast ein Bild mit dem Geburtstagskind hinter der Torte. Ein einfacher Kuchen mit Smarties? Undenkbar! Über die Torte wird viel gesprochen. Im Sommer gibt es oft Eistorte, in den kälteren Monaten ein kunstvoll verziertes Prachtwerk aus der Konditorei oder von privaten Hobby-Konditoren. Pro 12 Personen wird etwa ein Kilo Eis kalkuliert, dessen Kosten sich meist auf Preise um die 15 Euro belaufen. Macht bei 60 Personen alleine einen Preis von 75 Euro. Gerne werden Eistorten auch mit einem Bild des Kindes verziert. Die Eistorte ist übrigens die günstigere Alternative. Für eine Torte, die weitaus aufwändiger ist, müssen Eltern um die 200 Euro oder sogar mehr hinblättern.
Die Geburtstagsspiele
??: Topfschlagen, Eierlaufen, Sackhüpfen – noch immer die Klassiker besonders für den Kindergeburtstag jüngerer Kinder. Hinzu kommen bei einem Kindergeburtstag das Schokoladen-Würfelspiel, Tänze mit Ballons und viele andere Spiele, die bereits vor etlichen Jahren dazu gehörten. Bedeutet für die Eltern: Sich vorher überlegen, wie man die kleinen Gäste gut bei Laune halten kann.
??: Hier ein Vorteil für die italienischen Eltern: Um Geburtstagsspiele müssen sie sich keine Gedanken machen. Sie kümmern sich während der Feier um die erwachsenen Gäste und sorgen für ein reichhaltiges Büffet (Pizza, Happen, Kuchen, Süßigkeiten, Salziges – kurzum eine Mischung aus Aperitif und Schleckereien). Mit der Animation haben sie im Normalfall nichts zu tun. Längst ist es üblich, für die Kinder mindestens einen Animateur auf der Party zu haben – für Spiele, eine Minidisco und oft auch die besondere Überraschung. Da immer mehr Geburtstagspartys unter einem Motto stehen, wird gezielt nach Animateuren oder Animationsgruppen gesucht, die verkleidet als die Power Rangers oder als Minnie Maus auf die Feier kommen. Auch das verbunden mit teils erheblichen Kosten.
Die Geschenke
??: Je nach Geldbeutel gibt es mal größere und mal kleinere Geschenke. Eines jedoch haben sicher alle Familien gemein: Am Vormittag wird mit viel Liebe ein Geburtstagstisch dekoriert. Mit Kerzen, einem tollen Frühstück und den Geschenken auf dem Platz des Geburtstagskindes.
??: Für viele Eltern ist die eigentliche Feier das Geschenk. Bei Gesamtkosten, die für den Kindergeburtstag oft um die 500 Euro oder gar darüber liegen, nicht weiter verwunderlich. Geschenke gibt es später von den Gästen. Besonders beliebt bei Italienern: Das Verschenken von Kleidung. Von Kindergartengruppen gibt es üblicherweise ein Gemeinschaftsgeschenk. Meist werden die Beträge schon zu Jahresbeginn festgelegt. Das kann beispielsweise ein Beitrag von 5 Euro pro eingeladenem Kind sein (Geschwisterkinder und Eltern zahlen nichts).
So oder so: Herzlichen Glückwunsch und Buon compleanno!
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