Mehr als 80 Seiten lang ist der Report, den “foodwatch” nun in Düsseldorf vorgestellt hat. Der Titel: “Im Kakao-Sumpf: Von gekauften Studien bis zur wundersamen Partnerschaft von Milchwirtschaft und Politik.” Darin enthalten: Recherche-Ergebnisse zu “jahrzehntelangen Verpflechtungen zwischen Milchwirtschaft, Wissenschaftlern und Politik” am Beispiel Nordrhein-Westfalen. Es geht um Schulkakao.
Gefährdet Schulkakao die Kindergesundheit?
Der “foodwatch”-Report geht der Frage nach, warum eine Landesregierung in ihrem Schulmilchprogramm weiterhin gezuckerten Kakao steuerlich fördert – und das, obwohl Kinderärzte, Ernährungsexperten und Zahnmediziner geschlossen das Gegenteil fordern. Gefährdet Schulkakao wirklich die Kindergesundheit? Hat das Schulmilchprogramm lediglich die Aufgabe, den Milchabsatz zu fördern?
„Bei der Schulkakaoförderung geht es zu allerletzt um die Gesundheit der Kinder – es ist ein durch und durch lobbyverseuchtes Absatzförderungsprogramm für die Milchwirtschaft. Weil sich Milch fast nur als Kakao an den Schulen verkaufen lässt, wird die Extraportion Zucker eben billigend in Kauf genommen“, wird foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker in einer Pressemitteilung zitiert. Die Verpflechtungen seien immens. Die Milchwirtschaft in Nordrhein-Westfalen bekäme sogar Steuergelder, um Werbung für ihre Produkte direkt im Unterricht zu machen.
Die wichtigsten Rechercheergebnisse
Die wichtigsten Rechercheergebnisse fasst “foodwatch” zusammen. Hier ein Abriss davon:
- Die Landesvereinigung der Milchwirtschaft NRW habe den offiziellen Auftrag der Landesregierung, “Werbung zur Erhöhung des Verbrauchs von Milch” zu machen. Hintergrund sei noch ein Erlass des Landesumweltministeriums aus der Nachkriegszeit, als die Milchwirtschaft gefördert und Kinder aufgepäppelt werden sollten.
- Das Land bezahle der “Milchlobby” jährlich rund 350.000 Euro, um Unterrichtseinheiten und Lehrmaterialien zu gestalten. Aber auch um Marketingveranstaltungen in den Schulen durchzuführen.
- Bei gesundheitlichen Fragen etwa zum Zuckergehalt verweise das Land NRW auf Informationen der Landesvereinigung der Milchwirtschaft. Bis vor einigen Jahren sei der Lobbyverband sogar als verantwortlich für die “inhaltliche Betreuung” im Impressum der offiziellen Schulmilchseite des Umweltministeriums geführt worden. Außerdem fänden sich “wortgleiche Passagen in Landespublikationen und auf PR-Seiten des Milchverbandes”, in denen beispielsweise erklärt werde, weshalb der Zucker in den Milchprodukten kein Problem sein solle.
- Die Gewinne der Schulmilchlieferanten sei abhängig vom Kakao. Protokolle der Treffen zwischen dem Landesumweltministerium und der Milchwirtschaft wiesen darauf hin, dass zuletzt 80 bis 90 Prozent der an den Schulen verkauften Trinkpäckchen gezuckerte Milchprodukte gewesen seien. Der Schulmilch-Kakao des Marktführers in diesem Bereich habe beispielsweise einen Zuckergehalt von 8,7 Prozent und läge damit fast auf dem Niveau von Fanta. Dazu “foodwatch” weiter: “Viele Schulkinder nehmen über die 250-Milliliter-großen – mit Steuergeldern subventionierten – Kakao-Trinkpäckchen jeden Tag mehr als sieben Stück Würfelzucker zu sich.”
- Studien der Milchwirtschaft gäben vor, dass gezuckerter Kakao einen positiven Effekt auf die “geistige Leistungsfähigkeit” und auch für die Zahngesundheit hätte. Allerdings handele es sich bei diesen Studien größtenteils um Auftragsarbeiten für die Milchwirtschaft, die einer wissenschaftlichen Überprüfung nicht standhielten.
- Das Land Brandenburg etwa habe gegenüber “foodwatch” angegeben, auch auf Basis dieser Kakao-Studien an der Förderung der gezuckerten Milchprodukte festzuhalten.
Deutliche Forderung von Foodwatch
Foodwatch-Geschäftsführer wird dazu sehr deutlich: “Wer ernsthaft eine gute Ernährung für Kinder fördern will, der investiert kein Steuergeld für zuckrigen Kakao, sondern kommt auf ganz andere Ideen: Der setzt die offiziellen Qualitätsstandards für die Mittagsverpflegung an allen Schulen durch, der lässt alle Schulen am Obst- und Gemüseprogramm teilnehmen oder fördert, wo nötig, ausgewogene Frühstücksangebote. Dafür aber stellt das Land die nötigen Mittel nicht zur Verfügung.“ Nicht nur deswegen hat die Verbraucherorganisation nach eigenen Angaben nun auch die nordrhein-westfälische Umweltministerin Ursula Heinen-Esser dazu aufgefordert, “die steuerliche Förderung von gezuckerten Schulmilchgetränken unmittelbar zu stoppen und die Zusammenarbeit mit der Landesvereinigung der Milchwirtschaft bei Schulprogrammen zu beenden.”
Nordrhein-Westfalen sei neben Brandenburg und Berlin das letzte Bundesland in Deutschland, das noch an der Förderung von gezuckerten Milchprodukten festhalte.
Eines der Videos hingegen, die auf einen positiven Effekt von Schulkakao hinweisen, ist dieses hier:
Erstellt wurde es bereits 2015 – also noch vor der Veröffentlichung der Rechercheergebnisse von “foodwatch”. Wie die Landesregierung auf eine Anfrage von “Foodwatch” reagierte, könnt Ihr hier nachlesen: https://www.foodwatch.org/fileadmin/Themen/Schulmilch/2018-09-12AntwAnFoodwatch10FragenFIN.pdf
Wie sieht es bei Euch aus? Bestellt Ihr für Eure Kinder Schulmilch? Findet Ihr Schulkakao ungesund? Und bekommen Eure Kinder zuckerhaltige Getränke? Und falls ja: In welchen Mengen dürfen sie die konsumieren?
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